Durchsatz und Flexibilität rauf, Investitionen runter Wettbewerbsfähige Preise für den Transport von Schüttgut über die Schiene können vor allem gemacht werden, wenn ‚die letzte Meile‘ zum Kunden möglichst kurz ist. […]
Durchsatz und Flexibilität rauf, Investitionen runter
Wettbewerbsfähige Preise für den Transport von Schüttgut über die Schiene können vor allem gemacht werden, wenn ‚die letzte Meile‘ zum Kunden möglichst kurz ist. Dies setzt flexibel einsetzbare Fördertechnik voraus, die die Verkehrsgesellschaft Landkreis Osnabrück (VLO) in Form eines komplett als Edelstahl gefertigten Förderbandwagens zur Waggonentladung von Schüttgutumgesetzt hat, der über V-Schiene zudem extrem schnell exakt verfahrbar ist.
Wie kommt der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene? Bei Schüttgut wie Dünger und Salzen sowie Splitten und Schotter ist es eine Frage der am Gleisbett verfügbaren Waggonentladungsanlage. Je weiter diese vom Zielort entfernt ist, desto eher wird die gesamte Strecke mit LKW gefahren. Ganz gleich, ob es sich dabei um Lieferungen ab Werk oder ab Umschlaghafen handelt. Auch die zu transportierende Menge sowie der Zeitraum zwischen Bedarfsmeldung und gewünschter Lieferung spielen eine Rolle. Eindeutig werden große, regelmäßig bezogene Mengen deutlich öfter über Bahn transportiert als kleinere, eher punktuell benötigte Lieferungen.
Die Konsequenz: Viele Logistikentscheider in Unternehmen haben keine Erfahrung, Transporte über die Bahn zu organisieren. Grüne Logistik ist auf der anderen Seite bei Unternehmen immer mehr auf dem Vormarsch. Sie verfolgt das Ziel, in logistischen Prozessen einerseits schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und andererseits den Verbrauch von nicht oder nur bedingt erneuerbaren Ressourcen zu reduzieren. Der Markt war noch niemals so offen wie heute, diese Wege zu gehen. Mehr Geld für grünere Logistik auf den Tisch zu legen sind jedoch vergleichsweise wenige Unternehmen bereit. Der Preiswettbewerb ist damit weiterhin der entscheidende Faktor für die erfolgreiche Vermarktung von Schienentransportdienstleistungen.
Beste Voraussetzungen, wettbewerbsfähige Kosten für den Kunden zu generieren, liegen jedoch nicht in einem ruinösen Preisdumping, der nicht kostendeckend ist. Unter gegebenen Rahmenbedingungen liegt der Schlüssel zum Erfolg vielmehr in der Verkürzung der Strecken zum Zielort – herstellende Unternehmen der Dünger-, Salze-, Splitter- und Schotterindustrie haben in der Regel nämlich ihren eigenen Gleisanschluss genauso wie zentrale Umschlagplätze. Bei der Versorgung der Abnehmer haben dann letztlich regionale Eisenbahnen verstärkte Marktchancen für die Durchführung von Schienentransporten, denn sie sind vor Ort.
Der Übergabebahnhof Bohmte der VLO bietet beispielweise hinreichende Flächen, um tausende Tonnen Schüttgut umzuschlagen, was die VLO auch seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert. Doch hohe Investitionen in neue Entladetechnik mit der Rundumerneuerung der Schüttbunker und Muldenförder wollte man nicht tätigen. Dies obwohl die bestehende Waggonentladung deutlich in die Jahre gekommen war, sodass sie grundlegend erneuert werden musste. Es sollte vielmehr etwas schlankeres sein, das deutlich weniger Investitionskosten mit sich bringt und damit auch die Kosten für die Serviceleistung Entladung drückt. Auch sollte es eine Lösung sein, die man bei Bedarf auch flexibel an anderen Standorten einsetzen kann, sollte sich der optimale Entladepunkt einmal verändern.
Entschieden hat man sich deshalb für mobile Förderbandwagen zur Waggonentladung von Schüttgut, die man jederzeit auch an anderen potenziellen Umschlagplätzen einsetzen kann. Diese hohe Flexibilität war dem Eisenbahnbetriebsleiter Jürgen Werner besonders wichtig, um flexibel und agil zu bleiben. Das Investitionsvolumen für den Ende 2018 erstmals in Betrieb genommenen Förderbandwagen belief sich auf rund 100.000 Euro. Das ist nur noch ein Drittel der Investitionssumme gegenüber der Rundumerneuerung der bestehenden stationären Anlage. Dennoch hat die VLO nicht an der Leistungsfähigkeit der Anlage gespart, sondern die Kapazität sogar nach oben geschraubt. „Das Entladen eines Güterzuges dauerte früher etwa einen ganzen Arbeitstag. Mit der neuen Förderanlage können wir gut die Hälfte der Zeit einsparen”, so Werner. Der neue komplett aus Edelstahl hergestellte Förderbandwagen kann in drei bis vier Stunden rund 1.000 Tonnen Dünger entladen, was circa 40 LKW-Ladungen entspricht.
Konstruktiv hat der Förderbandwagen zur Waggonentladung von Schüttgut zwei Besonderheiten. Zum einen wird er über eine V-Schiene auf Spur gehalten. Damit ist er schnell überall am Schienenstrang positioniert, ohne ihn lenken zu müssen, da die V-Schiene parallel zum Gleisbett verlegt ist und der Förderbandwagen somit stets den gleichen Abstand zum Schienenstang hält. Die VLO profitiert dadurch von einem besonders schnellen und präzisen Verfahren des Förderbandwagens bei minimalem Installationsbedarf vor Ort. Trichterwagen mit dosierbarer Entladeeinrichtung lassen sich so besonders schnell und effizient auf Schienen- bzw. Straßenniveau entleeren, ohne Entladebunker bauen zu müssen. Auch muss der Zug seltener verfahren werden. Die erste V-Schiene, die in Bohmte für den neuen Förderbandwagen verlegt wurde, ist 45 Meter lang, sodass man zwei Waggons entleeren kann, ohne den Zug zu verfahren.
Der neue Förderbandwagen zur Waggonentladung von Schüttgut ist zudem komplett aus Edelstahl gefertigt. Er eignet sich damit hervorragend für aggressive Stoffe wie Salze und Düngemittel. Auch ist der damit universell einsetzbar, was für die Eisenbahnbetriebsleitung der VLO ebenfalls wichtig war. „Wir brauchen Fördertechnik, mit der wir alle Schüttgüter umschlagen können. Praktisch ist Edelstahl zudem auch in der Wartung, denn hier kann nichts mehr rosten. Selbst das komplette Fahrgestell haben wir in Edelstahl fertigen lassen“, erklärt Werner. Auch die Reinigung des Förderers geht schneller von Hand, als bei Schüttbunkern, in denen sich ungeschützt beispielweise schnell Laub fängt. Sowohl Anschaffungs- wie auch Betriebskosten konnten also letztlich gesenkt werden, was für die Wettbewerbsfähigkeit des VLO-Angebots überaus zuträglich ist. Gepaart mit dem Argumenten einer grüneren Logistik will Werner nun in eine intensivere Vermarktung der neuen Förderanlage starten, zumal auch ein wichtiger Hauptkunde abgesprungen ist, sodass die Betreiber alternativ auch eruieren, den Förderbandwagen gegebenenfalls sogar wieder zu veräußern. Ein entsprechendes Gutachten dazu soll derzeit Klarheit schaffen. Letztlich ist Werner zufrieden, dass er unter diesen komplexen Umständen eine für alle Fälle tragbare Entscheidung getroffen hat, die er auch anderen regional tätigen Eisenbahnunternehmen wie denen des Eisenbahnnetzwerks Bremen/Niedersachsen (EBN) empfiehlt, da das Risiko vergleichsweise minimal ist, denn selbst die im Boden befestige V-Schiene kann man wider demontieren.
Ganz abgesehen von der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung zeigt sich der mobile Förderbandwagen zur Waggonentladung von Schüttgut als äußerst komfortabel im Betrieb, da er über Funkfernbedienung steuerbar ist. Das Hauptförderband des Förderbandwagens ist über Hydraulik flexibel anstellbar und damit auf spezifische Ausgabesituationen anpassbar, was für unterschiedlich hohe LKW wichtig ist. Das Aufgabeband ist ausfahrbar sowie im Neigungswinkel verstellbar und horizontal schwenkbar, sodass es flexibel unter den Ausgabeöffnungen der Waggons positioniert werden kann, ohne die Waggons zeitaufwendig in eine exakte Position rangieren zu müssen. Gesteuert wird der Förderbandwagen für V-Schienen über eine einfach zu handhabende Funkfernbedienung. Sie kann optional sogar die Position des Aufgabebands speichern, was das Verfahren zwischen den Entlade-Einrichtungen der Trichterwagen besonders schnell macht.
Die Auslegung des Förderbandwagens zur Waggonentladung von Schüttgut kann zudem mit dem Anwender individuell angestimmt werden. Die Standardlänge des Schüttgutförderers beträgt 12 Meter. Das Fahrgestell ist 3 Meter breit und damit so konstruiert, dass der Förderbandwagen ohne Sondergenehmigung für überbreite Schwerlasttransporte befördert werden kann, was wechselnde Einsatzorte ermöglicht. Individuelle Konfigurationen sind auf Anfrage möglich. Varianten des Förderbandwagens sind optional auch ohne V-Schienenräder und optional auch mit Straßenverkehrszulassung verfügbar.